Ich kann nicht wissenschaftlich argumentieren, aber ich möchte anhand eines Mitarbeiters unsere Situation darstellen. Es war das Frühjahr 2016, die Euphorie der Willkommenskultur ist verschwunden und ist der Angst und Unsicherheit gewichen. Die Politik hat ihre Kernaufgabe vergessen und vernachlässigt. Im März 2016 stand ein junger Iraner vor dem Büro und hat nach einer Lehrstelle gefragt. Der Lehrvertrag war schnell erstellt, mit dem AMS ging alles unbürokratisch über die Bühne.
Warum macht man sowas?
Es war ein wenig diese Ohnmacht, die man als Unternehmer*in oder auch als Privatperson in den Jahren 2015 und 2016 immer mit einem Unbehagen in sich getragen hat: Man muss was tun! Für uns in der Firma war es sozusagen eine politische Hygiene. Wenn jemand anderer, jemand Fremder kommt, hat dieser genauso Ängste und Sorgen wie wir alle. Das waren die Hauptbeweggründe.
Der Anfang war wirklich fordernd und überfordernd. Jemand aus dem Iran muss praktisch eine neue Sprache lernen, in Schrift und Wort. Nur dank einem engmaschigen Netzwerk von Freiwilligen und der Firmenfamilie konnte Peyman durch dieses erste ganz schwierige Jahr getragen werden. Das erste Berufsschuljahr hat er mit zwei Nachprüfungen und viel “Augen zudrücken” geschafft. Das zweite Jahr absolvierte er ohne ein Problem, das dritte Jahr schloss er mit ausgezeichnetem Erfolg ab. Am 3. Juli 2019 machte er seinen Lehrabschluss mit gutem Erfolg. Nebenbei fand er eine eigene Wohnung, machte den Führerschein, kaufte sich ein Auto und engagiert sich freiwillig beim Roten Kreuz als Sanitäter, beim Alpenverein und in der katholischen Kirche. Man hat fast das Gefühl, er ist der bessere Österreicher.
Peyman Allahyari abzuschieben wäre ein Riesenverlust für beide Seiten. Wir nehmen ihm fünf Jahre seines Lebens und zurück bleibt eine Zivilgesellschaft, die enttäuscht ist. Eine Zivilgesellschaft, in der sich Engagement, Freiwilligkeit und Empathie einfach nicht mehr lohnen.
Initiative "Ausbildung statt Abschiebung"
Derzeitige Berechnungen sagen im Jahr 2020, alleine in Oberösterreich, einen Fachkräftemangel von 29.000 Personen voraus. Gleichzeitig werden Asylwerber/innen, die sich in Lehre befinden, abgeschoben. Damit ist eine wichtige Möglichkeit für die Wirtschaft, in Mangelberufen dringend benötigte Lehrlinge als Fachkräfte ausbilden zu können, bedroht. Zivilgesellschaft, Unternehmen und Institutionen stemmen sich jetzt mit der Initiative Ausbildung statt Abschiebung dagegen.