Demokratie & Bürgerrechte

Baustelle Demokratie: Initiativen, die uns Hoffnung geben

Nach über fünf Jahren Sanierungsarbeiten wurde das österreichische Parlament ab dem 12. Jänner 2023 mit feierlichen Staatsakten und Tagen der offenen Tür wieder eröffnet. Über 25.000 Menschen sind aus ganz Österreich angereist und haben die Chance genutzt, das Haus unserer Demokratie zu besuchen. Obwohl das Abgeordnetenhaus in neuem Glanz erstrahlt und auch endlich barrierefrei zugänglich ist, ist die Demokratie selbst immer noch Baustelle.

Wie bei der Rede unseres Bundespräsidenten Dr. Alexander van der Bellen zum Nationalfeiertag 2022 konstatiert, hat die Substanz der Österreichischen Demokratie aufgrund von Korruption und mangelnder Transparenz in den letzten Jahren immer mehr gelitten: „Es braucht eine transparente, nachvollziehbare und vor allem für alle wahrnehmbare Generalsanierung des Vertrauens.“

Rechtsstaats- und Antikorruptionsvolksbegehren im Justizausschuss

Einen Beitrag dazu leistet das Rechtsstaats- und Antikorruptionsvolksbegehren, das 72 konkrete Forderungen formuliert hat, um die Qualität unserer Demokratie und die moralische und amtsbezogene Integrität unserer politischen Entscheidungsträger:innen zu verbessern. Am 19. Jänner 2023 werden die Forderungen des Volksbegehrens, das Respekt.net crowdgefundet hat und 307.629 Menschen unterzeichnet haben, im Justizausschuss behandelt. Dieser ist verpflichtet, bis spätestens Mitte Februar dem Plenum des Parlaments einen inhaltlichen Bericht zu legen.

antikorruptionsbegehren
Foto: Antikorru

 

Das Volksbegehren konnte schon einige Steine ins Rollen bringen – so sind einige der Empfehlungen auf politischer Ebene eingehender diskutiert und aufgegriffen worden, wie beispielsweise die Reform des Parteiengesetzes. Auch ist unter ehrenamtlicher Beteiligung einiger Proponentinnen und Proponenten des Volksbegehrens ein Vorschlag zur Einrichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft unter gleichzeitiger Reduktion des Berichtswesens, aber Ausbau der gerichtlichen Kontrolle für die Bundesministerin für Justiz erarbeitet worden. Wesentliche Eckpunkte davon finden sich nun auch im offiziellen Reformpapier des Justizministeriums zur Implementierung dieser Bundes- bzw. Generalstaatsanwaltschaft.

Dennoch unterstreicht Initiator Martin Kreutner: „Die Umsetzung der (mehr als) berechtigten Empfehlungen und Forderungen des Volksbegehrens wird letztlich zum Lackmustest für alle im Parlament vertretenen Parteien.“

Demokratieindex.at – der Indikator für den Zustand der Infrastruktur der Demokratie in Österreich

Auch eine weitere Initiative, an der Respekt.net beteiligt war, möchte die Infrastruktur der Demokratie wieder ordentlich in Stand setzen: Der österreichische Demokratieindex will aufzeigen, ob die Regierungen und Parlamente über die Zeit jeweils ausreichende Maßnahmen gesetzt haben, um die nötigen demokratiepolitischen Benchmarks für eine moderne, liberale Demokratie zu erreichen – und inwieweit der Infrastruktur der Demokratie durch Stillstand oder Halbherzigkeit in Gesetzgebung und Gesetzesvollziehung Gefahr droht.

Acht demokratiepolitische NGOs haben sechs Monate lang über 100 Anforderungen ausgewertet – und mit den Vorgaben von UNO, OSZE, Europarat und den international besten Demokratien in diesen Bereichen verglichen, um Verfehlungen und Verbesserungen strukturiert und nachvollziehbar für die Menschen in Österreich darstellen.

pk präsentation des neuen demokratie index
Foto: photonews.at/Herbert Neubauer

 

Das traurige Ergebnis wurde in breiter Berichterstattung von über einem Dutzend Medien österreichweit berichtet: Die Infrastruktur der Demokratie in Österreich steht heuer nur bei 57 Prozent; es fehlen große Maßnahmen bei Transparenz und Kontrolle. Gerade die Situation der vergangenen Monate macht deutlich wie wichtig hier effektive Maßnahmen von Informationsfreiheitsgesetz über die Unabhängigkeit der Justiz und ihrer Ermittlungsbehörden bis zur Umsetzung des Antikorruptionsvolksbegehren wären.

Der Demokratieindex soll künftig jedes Jahr erscheinen. Damit nachhaltig dokumentiert wird, welche Maßnahmen die Politik für die Infrastruktur der Demokratie ergriffen hat und welche weiter fehlen. Um diese nachhaltige Arbeit zu ermöglichen, hat der Verein Demokratieindex ein Crowdfunding auf Respekt.net gestartet.
Weil unsere Demokratie besser wird, je mehr Menschen sich beteiligen. Und auch der Demokratieindex besser wird, je mehr Menschen sich beteiligen.

Zukunftsrat Verkehr – Wo Bürger:innen Mobilität neu denken.

Und auch unser eigenes Leuchtturmprojekt ist im Grunde dazu da, die Demokratie zu verbessern und das große Potenzial von ernstgemeinten Deliberationsprozessen an das politische System in Österreich weiterzutragen. Beim Zukunftsrat Verkehr beraten per Zufallsauswahl geloste Menschen unterstützt von Expert:innen, wie sie den Verkehr in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland optimaler ihren Bedürfnissen entsprechend gestaltet würden, ohne dabei die aktuellen Klimaziele der Bundesländer zu gefährden. Die Bürgerrät:innen formulieren auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen und gesicherten Fakten gemeinsame Lösungen, die unterschiedliche Meinungen berücksichtigen – und damit die Gesellschaft als Ganzes weiterbringen. Im März wird der Bürger:innenrat für ein zweites Wochenende zusammenkommen.

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Foto: Daniel Furxer

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