Demokratie & Bürgerrechte

Buchbesprechung: „Ich seh das so“ von Heide Schmidt

Zugegeben, ich muss mich gleich als Fan von Heide Schmidt outen. Interessanterweise entgegnen mir Fanbekundungen in meinem Umfeld des Öfteren, wenn ich von ihrem Engagement bei Respekt.net spreche und ich sie dadurch bereits persönlich treffen durfte. Sie ist nicht nur fixer Bestandteil der Jury der „Orte des Respekts“, sondern auch im Senior Advisory Board von Respekt.net anzutreffen und äußert sich im Namen des Vereins beispielsweise zum Rechtsstaat oder zum Flüchtlingslager Moria.

Ende 2020 hat Heide Schmidt, Juristin, ehemalige Politikerin und überzeugte Liberale, im Brandstätter Verlag ein Buch herausgebracht. „Ich seh das so“ lautet der einfache, aber doch bereits aussagekräftige Titel. Wie Heide Schmidt die aktuelle politische Lage sieht, beschreibt sie auf 174 Seiten und verzahnt dabei Rückblicke auf ihren politischen Werdegang zur aktuellen politischen Situation. In fünf Kapiteln behandelt sie drei Leitthemen: Freiheit, Feminismus und Demokratie. Ihre politischen Analysen sind scharf, die Argumentationen schlüssig.

Verfechterin des Grundeinkommens

Die Begründerin des Liberalen Forums (LIF) war bereits in den 1990er-Jahren eine Verfechterin des Grundeinkommens für alle, damals noch Grundsicherung genannt. Sie erklärt besonders ausführlich, wie ein solches bedingungslose Grundeinkommen in Österreich oder der EU eingeführt werden kann und dass es ohne Grundeinkommen eigentlich in naher Zukunft nicht mehr gehen wird.

Sie landete in der Politik, weil sie die Zustände für ungerecht und falsch hielt und in der FPÖ liberale Tendenzen erkannte. Doch sie sah in der FPÖ unter Jörg Haider (und verweist sogar explizit auf das Wort „unter“) eine Instrumentalisierung der Demokratie und aufsteigenden Rechtspopulismus.

Feminismus ist eine strukturelle Frage

„Unter“ Haider wurde auch ihr „Frauenbewusstsein“ geweckt. Auslöser dafür – und auch im Buch eine der stärksten Szenen – war ein Geburtstagsfest mit Pressebegleitung. Schmidt und Haider haben die Torte angeschnitten, Haider schob ihr ein Tortenstück in den Mund. Nach dem ersten Blitzlichtgewitter folgte eine zweite Fütterung. Die „Geschlechterrangordnung“ war festgefahren. Im Buch beschreibt Heide Schmidt Feminismus nicht nur als Frage des persönlichen Willens, sondern auch als strukturelle Frage, deren Struktur es zu verändern gilt.

Sorge um die Demokratie

Strukturen, die keine roten Linien mehr erkennen lassen, erkennt sie in der aktuellen Politik der aktuell mächtigsten Partei im Land. Wenn Kritik an Gesetzen als „juristische Spitzfindigkeit“ und Kritik an der Partei als „Anpatzerei“ betitelt wird, macht sie sich Sorgen um die Demokratie. Grenzen werden nach und nach ausgelotet und angekratzt, sodass sie sich stetig erweitern und Grenzüberschreitungen gar nicht mehr besonders kritisiert werden.

Heide Schmidt spricht viele Probleme an, die wir in diesem Land sehen und erfahren und uns in gewisser Weise machtlos fühlen lassen, wie beispielsweise der österreichische Beitrag zur Flüchtlings- und Asylpolitik: „Humanität wird durch Bürokratie ersetzt.“

Doch sie beendet ihr Plädoyer mit einer Aufforderung zum Weitermachen und zum Weiterkämpfen für das Gute.

Trotzdem: Aufgeben wäre die falsche Reaktion. Deshalb, weil es um Menschenleben geht, weil es um eine Gesellschaft mit Grundrechten geht, weil es um unser aller Zukunft geht. Es geht darum, nicht aufzugeben.

So wie Heide Schmidt es sieht, kann ich ihr nur zustimmen.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Heide Schmidt (2020): Ich seh das so – Warum Freiheit, Feminismus und Demokratie nicht verhandelbar sind. Wien: Christian Brandstätter Verlag.

Das Buch ist entweder direkt beim Verlag oder in österreichischen Buchhandlungen zu erwerben.

Autorin

Heide Schmidt, geb. 1948 im bayerischen Kempten, studierte Jus, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Sie war FPÖ-Generalsekretärin, Abgeordnete und Dritte Nationalratspräsidentin. Nach dem Bruch mit der FPÖ Gründerin des Liberalen Forums. Nach mehreren erfolgreichen Wahlen, Scheitern bei der Nationalratswahl 1999. Seitdem engagiert sie sich auf zivilgesellschaftlicher Ebene, u. A. bei Respekt.net.

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