Flucht & Zuwanderung

Frontkämpferin gegen Abschiebungen nach Afghanistan

„Es ist unsere Verpflichtung, ein Stück von unserem Glück an einsame und hilfsbedürftige Menschen weiterzugeben und junge Menschen wie auch Kinder nicht ihrem Schicksal zu überlassen“, sagt Doro Blancke mit Überzeugung. Die 58-Jährige lebt dies mit viel Herzblut vor und setzt sich Tag für Tag für ein friedliches Miteinander ein. Ziel: Faire Asylverfahren

Mit dem Verein Fairness Asyl kämpft sie gemeinsam mit ihren beiden Mitstreiter*Innen, Andrea Mayrwöger und Wolfgang Salm, für fairere Asylverfahren in Österreich. Laut eigenen Angaben des Vereins hat sich die Lage für Asylwerber*Innen in Österreich massiv verschlechtert. Davon seien insbesondere Geflüchtete aus Afghanistan betroffen. Seit dem EU-Abkommen joint way forward, das seit 2016 in Kraft ist, schiebt Österreich Menschen nach Afghanistan ab. Für Doro Blancke ist das absolut inakzeptabel, denn das Land ist nach wie vor ein Kriegsland. Auch Friederike Stahlmann vom Max-Planck-Institut erstellte im Frühjahr 2018 ein Gutachten zur Lage in Afghanistan und wies darauf hin, dass Afghanistan ein Land im Krieg sei und Abschiebungen so nicht zu verantworten seien. Das UNO-Flüchtlingswerk UNHCR , sowie zahlreiche österreichische NGOs (Volkshilfe, Diakonie, Samariterbund etc.) warnen vor Abschiebungen in das Land. Letztere treten für einen Abschiebestopp ein. Dafür wurde 2018  die Aktion #Sichersein ins Leben gerufen, die auch der Verein Fairness Asyl unterstützt.

„Es ist unsere Verpflichtung, ein Stück von unserem Glück an einsame und hilfsbedürftige Menschen weiterzugeben und junge Menschen wie auch Kinder nicht ihrem Schicksal zu überlassen“

Dieser hat es sich zum Ziel gesetzt, einerseits Probleme und Missstände in den Asylverfahren aufzuzeigen und öffentlich zu machen. Andererseits unterstützt und betreut er geflüchtete Menschen im Alltag. Die drei Vorstandsmitglieder bringen alle verschiedene Erfahrungen und Wissen mit: Andrea Mayrwöger kümmert sich vor allem um juristische Abklärungen und die Rechtsberatung. Der Gründer des Vereins, Wolfang Salm, übernimmt die IT sowie die Recherchen. Und Doro Blancke ist nach eigenen Angaben die „Frontkämpferin“, betont aber zugleich, dass dies nur dank dem guten Zusammenspiel mit Andrea Mayrwörger und Wolfgang Salm möglich ist. 

Unterstützung über die Grenzen hinaus

Doro Blancke ist zuständig für den sozialen Teil: Sie führt Gespräche mit den zuständigen Ämtern, betreut private Wohngemeinschaften von jungen Geflüchteten und unterstützt diese im Alltag. Früher ging es laut Doro Blancke vor allem darum, den Menschen einen Deutschkurs zu finden, sie zu vernetzen oder ihnen eine Arbeit zu finden. Heute gehe es ihr vor allem um die Begleitung während der langen Asylverfahren, erzählt sie. Doch ihr Hauptanliegen ist immer noch das gleiche: „Die Liebe untereinander – zu den Menschen – möglich machen. Die solidarische Gemeinschaft ist genau so wichtig wie die Landessprache.“ Derzeit betreut sie um die 40 junge Burschen, die vor allem aus Afghanistan kommen. Die meisten von ihnen haben einen negativen Asylbescheid, das heisst, dass sie zurück nach Afghanistan müssen. „Ich finde, wir haben eine vollkommen falsche Asylpolitik im Land, deshalb kämpfe ich für ein faires Asylsystem. Ich kann akzeptieren, dass es negative Bescheide und Rückführungen gibt. Trotzdem muss man sich auf wirklich gute Gutachten verlassen können und das ist momentan nicht möglich. Afghanistan ist einfach kein Land, in das man rückführen kann“, kritisiert Doro Blancke. Dem einzigen Asylgutachter für Afghanistan, Karl Mahringer, wurde vor Kurzem nach erfolgreichen Bemühungen verschiedener NGOs und aufgrund von unwissenschaftlichen und tendenziösen Einschätzungen der Sachverständigen-Status entzogen.

Wofür ich auch stehe, sind viel schnellere und kürzere Asylverfahren.

Das Gutachten von Mahringer, stellte die aktuelle Situation in Afghanistan weit ab der Realität dar. Dies kostete etlichen jungen Menschen ihren Aufenthalt. Nun müssten eigentlich die abgeschobenen afghanischen Menschen ein Recht darauf haben, einen neuen Asylantrag stellen zu können. Doch die falschen Einschätzungen von Mahringer sind für Doro Blancke nicht das einzige Problem: „Wofür ich auch stehe, sind viel schnellere und kürzere Asylverfahren. Wenn die Leute bis zu vier Jahre auf ihren Bescheid warten müssen, verlieren sie in dieser Zeit komplett ihren Anknüpfungspunkt im eigenen Land. Zudem sozialisieren sie sich hier. Eine Rückführung ist dann ein massiver Einschnitt. Die Menschen sind in einem Land der Gewalt und Korruption extrem gefährdet – gerade bei den jungen Menschen eine Verantwortung, die wir nicht tragen können.“ Die 58-Jährige hilft den jungen Afghanen deshalb auch noch, wenn die Verfahren durch sind und sie entweder wieder in Afghanistan oder in einem anderen europäischen Land untergetaucht sind. 

Mit viel Liebe dabei

Die ehrenamtliche Arbeit mit geflüchteten Menschen macht Doro Blancke seit 2014. Angefangen hat es mit einer Begegnung mit vier Kindern auf der Flucht in Leibnitz (Stmk), darauf folgte 2015 ein Hilfseinsatz beim Grenzübergang Spielfeld. Damals war sie jeden Tag vor Ort und half den Neuankömmlingen, sich zu orientieren. Als der große Ansturm sich ein wenig legte, kümmerte sich Doro Blancke weiterhin mit viel Elan um die jungen Menschen. Sie gründete den Verein „Gib mir deine Hand“ und betreute im Rahmen dessen mit anderen Ehrenamtlichen fünf Unterkünfte in der Steiermark und organisierte Deutschkurse. Es folgten Projekte an der FH Joanneum in Graz, Fussballteams, Musikgruppen und Kochgruppen. Heute lebt Doro Blancke in Graz in einer Wohngemeinschaft mit einem jungen Syrer und einem Afghanen. In der Küche hat sie ihr Büro eingerichtet und betreut von dort „ihre Burschen“, wie sie sie stets liebevoll nennt. Außerdem engagierte sie sich erfolgreich für die Schließung des umstrittenen Asylquartiers in Drasenhofen (NÖ). Dieser Aktivismus führt sie auch heute noch oft nach Niederösterreich zu den ehemaligen Betroffenen, die sie weiterhin gemeinsam mit einer Kollegin, Jutta Lang, betreut. Nebenbei arbeitet sie zehn Stunden die Woche im Forum Stadtpark in Graz. Ihre gesamte Arbeit mit den jungen, geflüchteten Menschen ist ehrenamtlich. Dies ist nur möglich dank der Unterstützung ihrer Familie und Freunde. Denn viele vergessen ihrer Meinung nach, dass ihre Arbeit auch finanzieller Hilfe bedarf. Trotz der fehlenden finanziellen Einnahmen möchte sie nicht aufgeben, zumindest nicht bis ihr Herzensprojekt erreicht ist: Stop deportation to Afghanistan.

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