Respekt & Vielfalt

„Nachhaltiger als alles, was ein Profi bieten kann“

Bereits seit 2005 begleitet der Verein Jojo in Salzburg Kinder mit psychisch erkrankten Elternteilen und unterstützt die Kinder so dabei, selbst gesund zu bleiben. Neben der professionellen Begleitung und Betreuung der Kinder und der geleisteten Aufklärungsarbeit über psychische Erkrankungen hat Jojo 2016 das Patenschaftsprojekt „Gemeinsam wachsen“ ins Leben gerufen. Aus Studien ist bekannt, dass eine wesentliche Ressource für Kinder psychisch erkrankter Eltern gesunde Bezugspersonen außerhalb der Familie sind, die mit ihnen Freizeitaktivitäten unternehmen, sporteln, basteln, ins Museum gehen, Ausflüge unternehmen und vieles mehr. Sie stehen den Kindern langfristig als zusätzliche Bezugs- und Vertrauensperson zur Verfügung und verbringen regelmäßig Zeit mit ihnen. So leisten die Pat*innen einen unschätzbaren Beitrag zur Gesunderhaltung der Kinder. „Da geht es nicht darum, in Gesprächen aufzuarbeiten, wie es zu Hause läuft, sondern für das Kind eine Insel zu sein. Gemeinsam Spaß zu haben, und den Kindern positive Erfahrungen zu ermöglichen, die ihnen sonst nicht möglich wären“, erklärt Heidemarie Eher, MBA BA BSc, Geschäftsführerin des Vereins und einer der beiden Projektverantwortlichen für „Gemeinsam wachsen“.

2018 wurde „Gemeinsam wachsen“ als Bundessieger der Orte des Respekts ausgezeichnet und wir von derdiedasrespekt.at wollten wissen, wie es dem Projekt in den zwei Jahre nach dieser Prämierung ergangen ist.

Stabilität und Nachhaltigkeit

Wenn das soziale Netz der betroffenen Familie zu klein ist, oder die Erkrankung eines Elternteils gewisse Aktivitäten nicht erlaubt – „Schwimmen in einem Freibad ist z.B. für jemanden mit schwerer Angststörung oft einfach nicht machbar.“ – springen  Patinnen und Paten ein. Das Wesentliche am Projekt „Gemeinsam wachsen“ ist Nachhaltigkeit: Für ein Kind, beziehungsweise eine Familie wird ein*e permanente*r Pat*in gesucht und gefunden.

Die Pat*innen dienen als permanente Bezugspersonen |

Um Stabilität zu garantieren – die längsten Patenschaften bestehen inzwischen seit Beginn des Projektes – gibt es von Verein und Projektkoordination einige Hilfestellungen: „Unser Ziel war nie, möglichst viele Patenschaften zu schaffen. Unsere Devise ist „small is beautiful“. Wir starten Patenschaften wirklich nur dann, wenn beide Projektkoordinatorinnen das Gefühl haben, dass die Beziehung zwischen Pat*in und Kind passen und dass die Patenschaft auch mit den Eltern funktionieren kann. Wir bleiben dann natürlich auch dran, fragen aktiv nach, wie es läuft. Und es finden regelmäßige Pat*innentreffen statt, sodass die Pat*innen bei jeder Problemsituation oder neuen Situation in der Familie einen Ansprechpartner haben.“ Auch die Möglichkeit zu Supervision und Schulungen für Pat*innen ist durch die Anbindung an Jojo gegeben. 21 Patenschaften für 23 Kinder konnten so seit 2016 bereits gestartet und begleitet werden.

Orte des Respekts als Unterstützung

Das Projekt „Gemeinsam wachsen“ hat 2018 auch die prominent besetzte Jury der Orte des Respekts überzeugt und wurde als Bundessieger gekürt. Besonders positiv hat der Verein Jojo die gute Berichterstattung in Erinnerung. „Für uns war die Prämierung als bundesweiter Ort des Respekts sehr öffentlichkeitswirksam. Wir haben damals auch gemerkt, dass wir einen Schwung an neuen Freiwilligen bekommen haben. Und die Auszeichnung hilft uns tatsächlich immer noch, Sponsor*innen zu gewinnen“, streicht Frau Eher die positiven Aspekte des Preises der Zivilgesellschaft hervor.

Auch eine Crowdfunding- Aktion zu Gunsten des Projektes „Gemeinsam wachsen“ konnte mittlerweile erfolgreich auf der Respekt.net Crowdfunding-Plattform durchgeführt werden. Frau Eher ist überzeugt, dass  die „Orte des Respekts“ auch auf den erfolgreichen Abschluss dieser Aktion einen positiven Einfluss hatten. Insgesamt läuft das Projekt „Gemeinsam wachsen“ zwei Jahre nach der Prämierung zum Ort des Respekts rund. Mithilfe von Respekt.net konnte der notwendige Schritt zur Sicherung der längerfristigen Finanzierung bewältigt werden. So können derzeit ca. alle zwei Monate neue Patenschaften starten.

Große neue Unsicherheiten brachten allerdings die vergangenen Wochen mit sich. Projektkoordinatorin Heidemarie Eher ist überzeugt: „Wenn ich an einige unserer Familien bei Jojo denke, dann gehe ich davon aus, dass es aufgrund der Corona-Krise verschärfte Problemsituationen geben wird. Ich erwarte, dass der Bedarf an Psychotherapie weiter steigt, und dass die Schere zwischen arm und reich wieder weiter auf geht. Gerade in der Verteilungsfrage ist so viel Ungerechtigkeit drinnen.“ Und für viele Familien stellen finanzielle Engpässe noch eine weitere, zusätzliche Belastung dar.

Für den psychosozialen Bereich wünscht sich die „Gemeinsam wachsen“ Projektkoordinatorin daher das„ was ich mir ohnehin schon seit langem wünsche“: Dass die Regierung ihrer Verantwortung endlich nachkommt und öffentliche Kampagnen zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen durchführt. Und dass künftig mehr Therapie-Formen auf Krankenschein ermöglicht und die Wartezeiten für die Familien nach Anerkennung des Bedarfs deutlich verkürzt werden!

Orte des Respekts 2020

Noch bis 12. Juli 2020 können Vereine, Privatpersonen, Gemeinden, etc. ihre Initiative für eine bessere Gesellschaft einreichen und ein „Ort des Respekts“ werden. Es warten Preisgelder von insgesamt 7.000 Euro auf die ausgezeichneten Projekte.
Weitere Informationen sind auf 
ortedes.respekt.net abrufbar!

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