Demokratie & Bürgerrechte

Im Gespräch mit Transparency International

Transparency International setzt sich weltweit gegen Korruption und für mehr Transparenz ein. Wir haben beim Vorstand von Transparency International – Austrian Chapter nachgefragt, wie es in Sachen Transparenz in Österreich so aussieht.

Welche Bedeutung spielen Transparenz und Informationsfreiheit in einer Demokratie?

Bei der Herstellung von Transparenz geht es darum, Regelungen, Pläne, Prozesse und Handlungen sichtbar und öffentlich zugänglich zu machen. Transparenz gewährleistet, dass Entscheidungsträger*innen im öffentlichen, wie im privaten Sektor für die Öffentlichkeit sichtbar und verständlich handeln und über ihre Aktivitäten berichten. Dies bedeutet, dass die Öffentlichkeit sie für ihre Handlungen verantwortlich machen und gegebenenfalls zur Rechenschaft ziehen kann. So kann Korruption häufig bereits im Vorfeld vermieden und gegebenenfalls nach ihrem Auftreten bekämpft werden. Dies trägt langfristig dazu bei, das Vertrauen in die Menschen und Institutionen, von denen unsere Zukunft abhängt, herzustellen, zu steigern und dauerhaft zu gewährleisten.

TI arbeitet daher darauf hin, Transparenz in allen Gesellschaftsbereichen durch einen non-konfrontationalen und kooperativen Ansatz sowie durch den Aufbau von Partnerschaften herzustellen. Korruption kann langfristig nur dann vermieden und effektiv bekämpft werden, wenn Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten sowie gemeinsam Standards und Verfahren zur Herstellung von mehr Transparenz entwickeln.

Wo Information nicht frei zugänglich ist, kann sich Korruption frei entfalten, da korrupte Handlungen nicht ans Tageslicht gelangen und die Täter*innen daher nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.

TI arbeitet daher darauf hin, Transparenz in allen Gesellschaftsbereichen durch einen non-konfrontationalen und kooperativen Ansatz sowie durch den Aufbau von Partnerschaften herzustellen. Korruption kann langfristig nur dann vermieden und effektiv bekämpft werden, wenn Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten sowie gemeinsam Standards und Verfahren zur Herstellung von mehr Transparenz entwickeln.

Wie sieht in Österreich der Status Quo in Sachen Transparenz aus?

In Österreich wird das Recht auf freie Information nicht realisiert. Die Regierung beteiligt sich nicht an internationalen Transparenz-Initiativen, zudem ist Österreich EU-weit das einzige Land, in dem das Amtsgeheimnis noch immer im Verfassungsrang steht. Ein geplantes Informationsfreiheitsgesetz befindet sich bereits seit fast zwei Jahren in Beratung und würde – selbst wenn es verabschiedet werden sollte – aufgrund erheblicher Mängel de facto nichts an der bestehenden Amtsverschwiegenheit ändern.

TI-AC setzt sich für umfassende Transparenz in allen Gesellschaftsbereichen als effektives Mittel zur Korruptionsprävention sowie für eine Realisierung des Rechts auf freie Information ein. Daher fordert TI-AC eine Nachbesserung des geplanten Informationsfreiheitsgesetzes, insbesondere die Reduktion der Gründe zur Einschränkung der Informationspflicht, die Ausweitung der Informationspflicht auf bisher ausgenommene Organisationen und Unternehmen, die Festlegung von Sanktionen im Falle von Verstößen gegen die Informationspflicht sowie die Einrichtung eines Informationsbeauftragten zur Sicherung des Rechts auf freie Information. Zudem fordert TI-AC einen Beitritt Österreichs zum Open Government Partnership, einer internationalen und multilateralen Initiative, deren Mitgliedsstaaten sich dazu verpflichten, innerhalb der Regierung und anderen öffentlichen Institutionen durch die proaktive Veröffentlichung relevanter Informationen Transparenz zu fördern und Korruption zu vermeiden.

Welche Tendenzen waren in Österreich in den letzten Jahren in dieser Hinsicht zu verzeichnen?

In dem im Februar 2019 von TI veröffentlichten Corruption Perceptions Index 2018 (CPI) hat sich Österreich auf Platz 14 verbessert, den es gemeinsam mit Hongkong und Island belegt. Seit 2013 hat Österreich 7 Punkte dazugewonnen. Während im letzten Jahr Österreich noch Platz 16 einnahm, ist die Top Platzierung von 2005 – 10. Rang – noch nicht wieder erreicht. Im EU Vergleich liegt Österreich hinter Finnland und Schweden (Rang 3), den Niederlanden und Luxemburg (Ränge 8 und 9) sowie Deutschland und Großbritannien (Rang 11).

Hinsichtlich der positiven Aspekte kann gesagt werden, dass es seit 2013 materielle Verbesserungen aufgrund der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkStA) gegeben hat. Außerdem haben Änderungen im Strafgesetzbuch, die mit 1. Januar 2013 in Kraft getreten sind, auch zu strikteren Regeln besonders im Bereich der sogenannten Anfütterung von Entscheidungsträgern im öffentlichen Bereich geführt. Besonders im Fokus stehen im Moment Schlupflöcher im Parteiengesetz und Möglichkeiten, Transparenzpflichten zu umgehen. TI-AC fordert die grundlegende Überarbeitung der Gesetzeslage.

Welche Forderungen oder Empfehlungen haben Sie an die neue Regierung?

TI-AC veröffentlicht immer wieder Forderungen an die Bundesregierung und den Nationalrat, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, die das nationale Integritätssystem korruptionsresistenter und transparenter gestalten.  Das von uns im Januar 2017 veröffentlichte umfangreiche Forderungspaket mit 68 Forderungen in 11 Themenbereichen wurde bedauerlicherweise 2018 in weiten Teilen nicht umgesetzt. Der Katalog umfasst die Bandbreite vom Gesundheitswesen bis hin zur Verbesserung des Korruptionsstrafrechts und den Regelungen zur Parteienfinanzierung:

  • Überarbeitung von Lobbying-Gesetz und -Register – besonders nach der Kritik des Rechnungshofes
  • Hochschulpolitik: Offenlegungspflichten für Verträge zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, etwa zu privater Drittmittelfinanzierung österreichischer Hochschulen
  • Ausbau der Transparenz bei den Gemeinden Österreichs
    Transparenz bei der Verleihung von Staatsbürgerschaften (Goldene Pässe)
  • Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes
  • Gesetzliche Verpflichtung zur namentlichen Offenlegung von Zuwendungen der Pharmaindustrie an Ärzte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe sowie ein zentrales Veröffentlichungsregister
  • Whistleblowing: Gewährleistung eines gesetzlichen Schutzes für Hinweisgeber aus der Privatwirtschaft, wie dies bereits für Beamte der Fall ist
  • Überarbeitung des Parteiengesetzes, um Umgehungsmöglichkeiten bei Spendenverboten, der Transparenz von Spenden an Parteien und Kandidaten und bei der Einhaltung der Begrenzung von Wahlwerbungskosten kontrollierbar und sanktionierbar zu machen.

Wir sind überzeugt, dass die Erfüllung der darin enthaltenen Forderungen eine deutliche Verbesserung der tatsächlichen Situation sowie der internationalen Einschätzung des Wirtschaftsstandortes Österreich bewirken würde.

Was kann die Zivilgesellschaft tun, um mehr Transparenz einzufordern?

Als zivilgesellschaftliche Nichtregierungsorganisation ist TI-AC ausschließlich systemisch aktiv und nicht für die Verfolgung von Korruptionsdelikten zuständig. Es ist vielmehr unser Ziel, das öffentliche Bewusstsein über die schädlichen Folgen der Korruption zu schärfen sowie nationale und internationale Integritätssysteme zu stärken. Dadurch versucht TI-AC, zu einer systemischen Verbesserung von Missständen beizutragen.

Die Zivilgesellschaft muss sich bewusst werden, dass sie eine entscheidende Rolle im Kampf für mehr Transparenz einnimmt.

Die Zivilgesellschaft muss sich bewusst werden, dass sie eine entscheidende Rolle im Kampf für mehr Transparenz einnimmt. Die konsequente Meldung von Verdachtsmomenten bei Korruption würde eine Trendumkehr einleiten und auch den Druck auf Behörden und den Staat erhöhen, noch mehr Maßnahmen zur Korruptionsprävention einzuleiten.

Missstände innerhalb von Unternehmen oder staatlichen Institutionen werden mitunter durch interne Hinweise aufgedeckt. Diese Hinweise werden als „Whistleblowing“ bezeichnet und können maßgeblich zur Aufklärung von Unregelmäßigkeiten beitragen. Die mitunter anonym versandten Meldungen sind oft der Anfang von behördlichen Ermittlungen oder internen bzw. externen Untersuchungen und haben nicht selten strafrechtliche Konsequenzen.

Es braucht Insider-Wissen und jedenfalls Mut, um als Whistleblower aktiv zu werden. Mit ihrem Handeln leisten Whistleblower einen nicht hoch genug einzuschätzenden Beitrag zu einer transparenten Gesellschaft. Gleichzeitig werden sie nach wie vor vom Gesetzgeber zu wenig in Schutz genommen und laufen daher Gefahr als Verräter verunglimpft zu werden.

*Auf dem Foto zu sehen sind (von links nach rechts): a.o. Univ-Prof. Dr. Herwig Ostermann (Vorstandsmitglied), Mag. Bettina Knötzl (Beiratspräsidentin), Mag. Georg Krakow (Vorstandsmitglied), Prof. Eva Geiblinger (Vorstandsvorsitzende), Mag. Eva Graf (Vorstandsmitglied) und Prof. DI Mag. Friedrich Rödler (Vorstandsmitglied)

Kontakt für Rückfragen:

Transparency International – Austrian Chapter
Luca Mak LL.B.
Tel.: +43 (0)1 960 760
E-Mail: office@ti-austria.at

Transparency International (TI) ist eine gemeinnützige und parteipolitisch unabhängige Bewegung, die weltweit gegen Korruption und für mehr Transparenz Stellung bezieht. Transparency International – Austrian Chapter (TI-AC) kommt dieser Aufgabe in Österreich nach.

Die Arbeit von TI-AC zielt darauf ab, in Öffentlichkeit, Politik, Wirtschaft und Verwaltung ein Bewusstsein für die Themen Antikorruption und Transparenz aufzubauen, ein Instrumentarium zur Bekämpfung von Korruption und zur Steigerung von Transparenz zu entwickeln, und dadurch einen Beitrag zu transparenzfreundlichen und korruptionsresistenten politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen zu leisten.

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