Umwelt- & Klimaschutz

Klimakrise: Zehn Jahre Nichtstun können wir uns nicht mehr leisten

Die 15. Klimakonferenz in Kopenhagen war bereits einige Tage im Gange, von dem späteren totalen Fiasko der Verhandlungsergebnisse war ich gedanklich weit entfernt. “Wir können so nicht weitermachen”, lautete eine meiner Aussagen am Linzer Taubenmarkt im Dezember 2009. Damit gemeint war die Zerstörungswut des Menschen gegenüber den begrenzten Ressourcen unserer Erde. Der Klimawandel zeigte uns bereits damals die ersten Auswirkungen dieses auf fossilen Brennstoffen basierenden Ressourcenverbrauchs. Damals waren mir und den rund 30 Anwesenden der Klimamahnwache bewusst, dass wir mit hohem Tempo gegen eine unüberwindbare Wand zusteuern. Ich hatte aber Hoffnung auf eine Wende.

Im genannten Dezember 2009 war ich mitten im 5. Semester meines Studiums der Öko-Energietechnik gelandet: alles über Windkraft, Wasserkraft, Energieeffizienz, energiesparendes Bauen, Solartechnik und Energiewirtschaft. Ich hatte das Gefühl, wirklich etwas bewegen zu können. Veränderung schaffen zu können, gemeinsam mit interessierten und motivierten Menschen den Weg aus der Sackgasse des fossilen Energieverbrauchs einzuleiten. Als “Idealist” bezeichneten mich liebevoll meine Kommiliton*innen.

Und dann? Gnadenlose Ernüchterung auf höchster Ebene. Die Verhandlungen in Dänemark wurden zum Fiasko, die große politische Lösung schien sich in Luft aufzulösen. Ich selbst wollte dies nicht auf mir sitzen lassen. Ganz im Stile des Gandhi zugeschriebenen Zitats, wurde ich selbst die Veränderung, die ich mir für die Welt wünschte. Mit Zug und Bus erreichte ich europäische Urlaubsziele, versuchte so gut es ging plastikfrei und müllvermeidend einzukaufen und saisonale, regionale und biologische Lebensmittel zu bekommen. Ich habe mein damaliges Auto verkauft, bin komplett auf Öffis umgestiegen, habe die Heizung im Winter runtergestellt und meinen Konsum minimalistisch gestaltet. 

Es ist schön zu sehen, dass vor allem junge Menschen auf Klimaschutz drängen.

Ich schloss mich Initiativen an, informierte mich über die Auswirkungen der Globalisierung, wechselte das Studienfach auf Internationale Entwicklung und versuchte aktiv zu sein. Dieses aktive Tun, diese anfängliche Motivation (“Denen da oben zeig ich’s”) mischte sich nach und nach mit einem gewissen Weltschmerz und einem beklemmenden Gefühl: Meine individuellen Maßnahmen sind nicht einmal der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Bevor der Tropfen den Stein berührt, ist dieser bereits verdampft. Ich wurde nachlässig in meinem Handeln, mein Idealismus bröckelte. Seit rund einem Jahr verspüre ich dank Fridays for Future wieder diesen Idealismus von damals. Die gnadenlose Ernüchterung ist vom Tisch, erhellender Optimismus hat den Platz gefüllt. Und es ist schön zu sehen, dass vor allem junge Menschen auf Klimaschutz drängen.

Die hohe Politik sieht jedoch zu, sie ist feige. Sie hat Angst vor zu viel Veränderung, einer Veränderung, die bei der nächsten Wahl Stimmen kosten könnte. Gerne putzt sich die Politik an den Konsument*innen ab. Aber die Bevölkerung besteht nicht aus Konsument*innen, sie besteht aus Menschen.

Die Stimmen werden lauter, die Dringlichkeit stärker. Die aktuelle Klimakrise wäre die Chance für die Politik, zu zeigen, wofür sie geschaffen wurde: Unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen und dabei Entscheidungen treffen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und auch mutig zu sein, teils unpopuläre Maßnahmen zu setzen. Ich werde mich selbst wieder an der Nase nehmen und den Idealisten in mir wecken. Zehn weitere Jahre Nichtstun gehen sich einfach nicht mehr aus.

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