Friedensaktivismus – das klingt nach 60er Jahre (oder 70er), nach Ostermarsch und katholischer Jugendbewegung – nach kaltem Krieg und Ost und West, nach atomarer Bedrohung und Angst davor – und irgendwie klingt der Einsatz für den Frieden 2019 uraltmodisch. Heute geht es um die Klimakatastrophe, um Rechtsruck und Populismus, um die Bewahrung von demokratischen Standards und den Kampf gegen die ärgsten Grausligkeiten in menschenrechtlichen Fragen – bei den Abschiebungen nach Afghanistan oder der – in den letzten Wochen wieder so schrecklich aktuellen Seenotrettung im Mittelmeer. Für die Menschen anderswo in der Welt, in Afghanistan, in Syrien, im Nahen Osten allerdings ist die Frage des Friedens nix Altmodisches. So lange wie es Israel gibt, also circa 70 Jahre, gibt es auch den Konflikt zwischen den Juden und den Palästinensern in der Region und er bestimmt alles dort: die Politik genauso wie das tägliche Leben der Menschen. Kein anderer Konflikt auf der Welt hat auch automatisch so viel mit Europa, mit Österreich, mit uns zu tun und ist angetan, auch hier zu heftigen Diskussionen zu führen. Wie hältst Du es mit Israel – ist eine überraschend heftige Frage auch hier – so weit kann der schöne Strand von Tel Aviv und der Felsendom in Jerusalem gar nicht weg sein, dass die Frage nicht sofort in allen Abgründen auch der hiesigen Geschichte landet. Die alten Antisemiten bei der FPÖ werden auf einmal zu Israelfreunden und biedern sich in einem Land an, in dem Menschen leben, die ihre Vorgängerparteien vernichtet sehen wollten. Katholische Religionslehrer erzählen auch heute noch antisemitische Versionen der Leidensgeschichte von Jesus von Nazareth. Tel Aviv liegt bei Linz und Jerusalem in der Nähe der Universität Wien, so möchte man meinen.
Zwei meiner Freunde, der eine nicht-jüdisch, die andere jüdisch, haben ganz konkrete Projekte zur Friedensarbeit in ihr Leben aufgenommen. Beide haben NGOs gegründet, mit denen sie das Ziel der Friedensarbeit für den Nahen Osten – und uns hier – voranbringen wollen.Meine Freundin Evelyn Böhmer-Laufer tut das mit ihrem PEACECAMP seit 17 Jahren – ihr Porträt hat Flavia Forrer gezeichnet. Und Ernst Löschner hat eine Erinnerungsarbeit begonnen: er organisiert seit 13 Jahren die Friedenswanderung über die Krimmler Tauern in Erinnerung an den Exodus von Tausenden von jüdischen „displaced persons“, die nur über diese schwierige und verbotene Wanderung über die Alpen sich ins freie Italien retten konnten, von wo sie sich auf den Weg nach Palästina machen konnten. Die jungen Leute, die im Peacecamp zusammenkommen, lernen Geschichte und Politik, sie lernen, ein paar Meter in den Schuhen des anderen zu gehen, sie lernen Konfliktbewältigung und werden hoffentlich diese Erfahrung in ihr Leben mitnehmen und zu „Friedensbotschaftern“ werden, einfach, weil sie die konkrete Erfahrung des Anderen verinnerlichen können. Die TeilnehmerInnen der Friedenswanderung und der Friedensdialoge in Krimml übernehmen physisch die Identifikation mit den Flüchtenden von damals und dokumentieren damit die Solidarität mit allen Flüchtenden dieser Welt. Immer nehmen auch junge geflüchtete Menschen teil, die heute den Weg nach Europa gefunden haben und unsere Solidarität heute und ganz konkret brauchen.