Respekt & Vielfalt

open.heart

Mag.a Manuela Geimer arbeitet bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija) Salzburg als Projektleiterin für open.heart – Familien und Patenschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie ist Juristin, Mediatorin und Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision. 

Manuela ist das Projekt wichtig, weil Jugendliche und junge Erwachsene, die geflüchtet sind, über fast keine Lobby verfügen und durch dieses Projekt große Unterstützung und Wertschätzung von den Pat*innen erfahren.

 Liebe Manuela, könntest du kurz die Initiative vorstellen? Was genau ist open.heart?

open.heart ist ein Patenschaftsprojekt für unbegleitete minderjährige Asylsuchende und junge Erwachsene. Wir, bei der kija Salzburg, sind zuständig für junge Menschen bis 21 Jahre. Es können sich somit auch junge Erwachsene bei uns melden, die allein nach Österreich geflüchtet und ohne Familie hier sind. Viele von ihnen leben in Einrichtungen für junge geflüchtete Personen. 

Ich finde dieses Projekt wichtig, weil diese Einrichtungen nicht die notwendigen und personellen sowie finanziellen Ressourcen haben, wie es in Kinder- und Jugendeinrichtungen der Fall ist. Es handelt sich hierbei in erster Linie nur um Einrichtungen der Grundversorgung. Die Jugendlichen werden beispielsweise auch nicht mit österreichischen Jugendlichen gemeinsam betreut, sondern bleiben „unter sich“. Es wird auf der einen Seite Integration gefordert und auf der anderen Seite wird separiert. Hier wirkt open.heart entgegen. Wenn die jungen Menschen von Pat*innen oder Mentor*innen angenommen werden, dann werden sie unterstützt, gesehen und sie können so sein, wie sie sind. Sie können sich wertgeschätzt und sicher in diesen Beziehungen fühlen.

Wir haben den Preis unseren Pat*innen gewidmet, weil sie es sind, die ihn letztendlich wirklich verdienen.

2018 wurde open.heart als ein „Ort des Respekts“ prämiert. Gratuliere hierzu! Was haben die Orte des Respekts für eure Initiative bedeutet und wie sieht es zwei Jahre danach aus?

Mir persönlich war es sehr wichtig, als „Ort des Respekts“ prämiert zu werden. Denn schon allein der Begriff ist schön und vielsagend. Dieses Prädikat wollte ich daher unbedingt für unsere Initiative haben. 

Wenn ich diesen Begriff auf unser Projekt umlege, dann haben die jungen Menschen in den Patenschaften einen Ort, an dem sie sein dürfen, wo sie Respekt erhalten und wo sie wertgeschätzt werden. Unsere Zielgruppe, die meistens nur am Rande steht und von der Gesellschaft ausgegrenzt wird, steht bei uns im Mittelpunkt.

Wir haben den Preis unseren Pat*innen gewidmet, weil sie es sind, die ihn letztendlich wirklich verdienen. Damals gab es Landeskategorien und Bundeskategorien und wir waren die Zweitplatzierten in der Bundeskategorie. Das hat mich besonders positiv überrascht. Wenn ich heute noch an den Abend denke, dann bin ich immer noch sehr glücklich und freue mich dieses Label auf unseren Folder drucken zu können und zeigen zu können, wofür wir stehen. 

Und wie geht es eurer Initiative zwei Jahre danach? Was hat sich seither getan?

Wir sind nach wie vor dabei. Es melden sich heute etwas vermehrt junge Erwachsene bei uns. Die Grenzen sind mehr oder weniger nun dicht und Österreich lässt nicht mehr viele Flüchtlinge ins Land. Daher kommen auch weniger junge unbegleitete Asylsuchende nach Österreich. Es sind nun eher junge Erwachsene, die sich bei uns melden, die in Erwachsenenquartiere oder nun mit Freund*innen wohnen. Dann sind sie meistens wieder auf sich gestellt, da sogar die Betreuer*innen nicht mehr für sie zuständig sind und sie melden sich bei uns. 

Außerdem sind wir immer noch weiterhin auf der Suche nach Pat*innen. Es melden sich zwar immer noch Pat*innen, aber doch etwas weniger, da sich die Situation in Österreich auch verändert hat. 

Wir haben insgesamt 204 Patenschaften vermitteln können und 60 Patenschaften laufen aktuell. Einige dieser Patenschaften reichen bis ins Jahr 2015 oder 2016 zurück.

Ein „Ort des Respekts“ ist für mich ein Ort, wo eine Person sein kann wie sie ist und sich nicht verstellen muss.

Was ist deiner Meinung nach ein „Ort des Respekts“?

Ein „Ort des Respekts“ ist für mich ein Ort, wo eine Person sein kann wie sie ist und sich nicht verstellen muss. Ein Ort, an dem ein Mensch den Respekt erhält, der ihm zusteht. 

Wie hat sich der Zusammenhalt in der Gesellschaft in den vergangenen zwei Jahren verändert? Bewegen wir uns in eine positive oder negative Richtung?

Bei uns melden sich immer wieder Menschen, die für jemanden anderen da sein und helfen möchten. Menschen, die offen dafür sind, neue Erfahrungen zu machen. Das freut mich immer noch. Ich bezweifle jedoch, dass das die gesamte Gesellschaft abbildet. Allein in den letzten Wochen kann man beobachten, dass die Grenzen geschlossen werden und dass versucht wird, die Situation (Anm.: Covid-19) im Alleingang zu lösen. Außerdem wird immer deutlicher, dass Menschen, die als „anders“ wahrgenommen werden, nicht akzeptiert werden. Ich glaube, dass der allgemeine Trend in Richtung „Sich-Zurückziehen“ läuft und die Offenheit in der Gesellschaft abnimmt. Menschen, die sich bei uns melden, sagen auch oft, dass sie eben gerne diesem Trend entgegenwirken möchten. Unsere Pat*innen wollen offen sein und beispielsweise auch von ihren Schützlingen lernen. 

Da kommen wir gleich zu meiner letzten Frage. Wo fehlt es in Österreich deiner Meinung nach an Respekt? Woran können wir als Gesellschaft noch etwas arbeiten?

An dem Miteinander. Außerdem müssen wir uns gegenseitig besser zuhören.

Wenn ich an die Covid-19 Zeit und die Rhetorik einiger Politiker*innen denke, die immer nur „Österreicher*innen“ ansprechen und vergessen, dass sie so viele Menschen damit ausschließen, dann muss einem bewusst sein, dass das auch eine Art Vorbildwirkung für die Allgemeinheit hat und ein gewisses Signal sendet. Wenn man sich also nicht die Zeit nehmen kann, alle in Österreich lebenden Menschen anzusprechen, dann ist das ein Zeichen dafür, dass hier etwas falsch läuft.

open.heart – Familien und Patenschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Leben Sie in Salzburg und möchten gerne eine Patenschaft übernehmen? Dann können Sie sich gerne bei Manuela Geimer melden: manuela.geimer@salzburg.gv.at

Mehr Informationen zu open.heart – Familien und Patenschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gibt es hier.

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