Respekt & Vielfalt

Zivilgesellschaft & Wahl: Wir mischen mit!

Streng nach unserer Maxime „politisch, aber nicht parteipolitisch!“ überlassen wir gerade den Wahlkampf nicht nur den Profis, also den Parteien und den etablierten Tagesmedien, sondern mischen und bringen uns als Zivilgesellschaft ein. Schließlich wählen wir am 29.09. und haben eine eigene Stimme. Die Parteien wollen, dass wir diese „abgeben“, ihnen übertragen. Eh okay, machen wir garantiert am 29.09.2019.

Nur: Vorher erheben wir sie – und das müssen wir selbst tun, das nimmt uns niemand ab. Auch das eh okay, machen wir gerne! Wir haben ziemlich genaue Vorstellungen darüber, was wir nicht mehr wollen: 

  • ein Parteienfinanzierungsgesestz, das die Großparteien in ihren Macheloikes schützt, indem sie sich sogar der Rechnungshofkontrolle entziehen können.
  • Postenbesetzungen in den zentralen Institutionen unseres Landes, die ausschließlich nach Machtinteressen der gerade Regierenden dienen, aber keine Abbildung der gesellschaftlichen Verhältnisse gewährleisten. Beispiele? ORF Stiftungsrat, Verfassungsgerichtshof, Rechnungshof, Verwaltungsgerichtshof, Nationalbank. „Macht braucht Kontrolle“ schrieb schon Martin Winkler, der Gründer von Respekt.net, in einer früheren Ausgabe.
  • einen Staat, der das Amtsgeheimnis vorschiebt. Wir wollen endlich einen auskunftswilligen Staat = das Ende des Amtsgeheimnisses und ein echtes Informationsfreiheitsgesetz, so wie unsere Freunde vom FOI das schon seit Langem fordern.

„Die Menschen da draußen“, also wir (!), diese schreckliche, oft von Kandidat*innen (und Amtsträger*innen) verwendete Phrase für inszenierte Begegnungen mit Bürger*innen bei Volksfesten und „Events“ – wir haben keine etablierten und gesicherten Möglichkeiten, in den Dialog mit der Politik zu treten. Das klassische Parteiensystem erlaubt eben nur die Identifikation und Delegation. 

Wir fragen uns zunehmend, ob das noch zeitgemäß ist. Und nicht nur wir. Auch, wenn man kein Fan von simplen plebiszitären Verfahren ist, wird es immer mehr Menschen unbehaglich bei der Idee, der Parteiendelegation ihrer gesellschaftlichen und politischen Interessen.

Es  braucht moderne Verfahren und Procedere, wie Fragen des Gemeinwesens, der grundlegenden Organisation der Republik auch jenseits der Parteien diskutiert und in letzter Konsequenz auch entschieden werden können. Mein absolutes Lieblingsbeispiel hier ist der Bürgerrat-Prozess in Irland, der in einem mehrjährigen moderierten Diskussionsprozess die tief gespaltene Gesellschaft Irlands in der Frage der Legalisierung von Abtreibungen erfolgreich beraten konnte und der Politik Mut zur Gesetzesänderung machen konnte.

Oder nehmen wir die Frage des Wahlrechts, ganz aktuell auch jetzt hier bei uns 2019: 15 % (!) der hier lebenden Menschen haben kein Wahlrecht. Kinder, die hier geboren werden, haben als Erwachsene nicht selbstverständlich das Recht, sich hier politisch und gesellschaftlich einzubringen, sondern müssen in einem langwierigen, extrem komplexen und nicht gerade billigen Prozess die österreichische Staatsbürgerschaft „erwerben“ – das Wort kann man hier durchaus wörtlich nehmen, wie Tamara Ehs in einem superklaren Kommentar schreibt.

Dass Menschen, die hier leben, arbeiten, Ausbildungen machen, Steuern zahlen, ihren ganz individuellen Beitrag zu unserem Gemeinwesen erbringen, von der Repräsentation ausgeschlossen sind, das macht ein ganz schlechtes demokratiepolitisches Bild. Ganz schlecht. 

 

Deswegen finden wir, dass die „Pass Egal Wahl“ das wichtigste demokratiepolitische Bildungsprojekt ist. Sie unterstützt das Interesse der hier lebenden nicht-wahlberechtigten Menschen tätig und wir alle können modellhaft viel darüber lernen, was mangelnde Repräsentation für die Menschen bedeutet. Welche vielleicht auch politischen Interessen der Modernisierung des Wahlrechts gegenüberstehen, kann man nebenbei auch lernen. Schließlich ergibt die Pass Egal Wahl regelmäßig eine breite Mehrheit für Parteien links der Mitte

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