Umwelt- & Klimaschutz

Fridays for Future: Mehr als nur eine Klimabewegung

Wer sich mit den jungen Aktivistinnen und Aktivisten der Fridays for Future in Wien unterhält, wird schnell die Leidenschaft und Begeisterung raushören, mit der sie über ihren Protest sprechen. Sie sind Feuer und Flamme. „Sei Du selbst die Veränderung, die Du dir wünscht für diese Welt.“ Dieses Zitat wird Mohandas Karamchand Gandhi, dem weltberühmten indischen Befreiungskämpfer, zugeschrieben. Dieser Satz ist Aufforderung und Motivation zugleich. Die Jugendlichen befreien sich – und mit ihnen große Teile der Gesellschaft – aus der Ohnmacht der Tatenlosigkeit und setzen sich für eine lebenswerte und klimagerechte Zukunft ein. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt und wollen den Planeten Erde vor dem Kollaps retten.

Denn Mut ist es, was es im Kampf gegen die Klimakrise braucht.

Seit nun fast einem Jahr demonstrieren die Fridays for Future in Wien für eine klimagerechte Zukunft. Sie verstehen sich als eine Jugendbewegung, die die gesamte Gesellschaft ansprechen möchte. Die Aktivist*innen der Fridays for Future sind überwiegend weiblich, studieren oder gehen noch zur Schule und hatten zuvor wenig bis keine Protesterfahrung, wie die quantitative Forschung der Forschungswerkstatt Protest der Universität Wien zeigt*. Die Jugendlichen strotzen vor Energie, Zuversicht und Tatendrang. Das zu sehen tut gut und macht Mut! Denn Mut ist es, was es im Kampf gegen die Klimakrise braucht.

Lange wurde ‚der Jugend‘ im Volksmund nachgesagt, sie sei unpolitisch, wenig engagiert und hätte kein Verantwortungsbewusstsein. Nun geht ‚die Jugend‘ auf die Straße. Junge Menschen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Sie sind es, die von jeder weitreichenden politischen Entscheidung betroffen sind; den Erfolgen und den Misserfolgen. Dies bedeutet, dass die Jugend aktiv in die Gestaltung und Umsetzung von Klimapolitik einbezogen werden muss. Dies passiert bisher zu wenig. Die Umfrageergebnisse aus Wien lassen erkennen, dass der Großteil der Protestteilnehmer*innen den politischen Institutionen in Österreich, insbesondere der Bundesregierung und den Parteien, nur mäßig bis überhaupt nicht vertraut. Der Vertrauensverlust in die politischen Institutionen ist besorgniserregend, aber auch nicht verwunderlich. Eine lebendige Demokratie lebt schließlich von politischer Partizipation. Das Parteiensystem in Österreich bietet wenige bis keine Anknüpfungspunkte für junge Menschen. Viele Jugendliche wollen sich politisch engagieren, doch finden sie sich in den Parteien und ihren meist starren Strukturen häufig nicht wieder. Parteiunabhängige Möglichkeiten der politischen Partizipation gibt es kaum. Zu all dem kommt die Tatsache hinzu, dass ein Teil der Aktivist*innen von Fridays for Future in Österreich unter 16 Jahre alt und damit noch nicht wahlberechtigt ist. Somit können diese keinen direkten Einfluss auf das Kräfteverhältnis im Parlament nehmen. Da ist es nur konsequent, dass die jungen Erwachsenen bei dem Thema, das für sie allerhöchste Priorität hat und von der Regierung vernachlässigt wurde, auf die Straße gehen. Der Protest ist ihre einzige Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und die Klimakrise auf die politische Agenda zu bringen.

Die Bewegung macht deutlich, an was es schon lange in der österreichischen Politik (sowie in anderen Ländern) fehlt: Mut.

Die Bewegung macht deutlich, an was es schon lange in der österreichischen Politik (sowie in anderen Ländern) fehlt: Mut. Der Mut, ehrgeizige und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Der Mut, Erkenntnissen der Wissenschaft zu vertrauen und nach ihnen zu handeln. Und der Mut, über das Parteiensystem hinauszublicken und zivilgesellschaftliche Akteure stärker in politische Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden.

Die Fridays for Future sind mutig. Mit ihrem beeindruckenden, kreativen Engagement und Durchhaltevermögen haben sie es geschafft, das Klima-Thema in den öffentlichen und politischen Diskurs zu katapultieren. Damit stärken sie nicht nur die Demokratie, sondern auch die Wissenschaft. In Zeiten, in denen ‚Fake-News‘ salonfähig geworden sind, ist diese Entwicklung erfreulich und wichtig. Für ihren Idealismus nehmen sie gerne die ein oder andere Fehlstunde in der Schule in Kauf.

Der Bewegung wäre es zu wünschen, dass sie es schafft, die gesamte Gesellschaft anzusprechen. Es gibt viele Menschen, die sich von der Politik und ihren Lebensumständen entmutigen haben lassen. Die Veränderungen, die es braucht, um die Erde vor dem Kollaps zu bewahren, sind herausfordernd und können Ängste auslösen. Den Sorgen und Bedenken von Menschen muss mit Verständnis begegnet werden. Nur wenn es den Fridays for Future gelingt, die Breite der Gesellschaft in Österreich mit einzubeziehen, haben sie eine Chance, dass politische Entscheidungsträger*innen dem Willen des Volkes Gehör schenken und handeln.

Die Fridays for Future sind mehr als nur eine weitere Klimabewegung. Sie sind Mutmacher*innen.

Die Fridays for Future sind mehr als nur eine weitere Klimabewegung. Sie sind Mutmacher*innen. Und ganz nebenbei entwickeln die Jugendlichen ein neues Selbstbewusstsein, ein gesellschaftliches Wir-Gefühl, sie probieren sich aus, sie politisieren sich und schließen neue Freundschaften. Das prägt sie und daran werden sie sich ihr Leben lang zurückerinnern. ‚Die Jugend‘ ist selbst zur Veränderung geworden, die sie sich für diese Welt so sehr wünscht.

*Die Daten der Forschung werden Ende 2019 publiziert.

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