Crowdfunding

SEKEM-Österreich: „Die Internationale Klasse ist eine zutiefst menschliche Aufgabe!“

Die Initiative der Internationalen Klasse geht bereits auf das Jahr 2014 zurück. Dem Hauptanliegen von SEKEM folgend, dass jeder Mensch sein individuelles Potential entfalten können soll, wollten Dr. Hermann Becke und seine Mitstreiter*innen von SEKEM Österreich ein interkulturelles Projekt für muslimische Jugendliche realisieren. Im Sommer der Flüchtlingssolidarität 2015 verschob sich der Fokus ihrer Arbeit dann aber situationsbedingt auf etwas, das noch dringender gebraucht wurde: Betreuung für Jugendliche ohne Schulabschluss außerhalb der Schulpflicht.

Die Internationale Klasse wurde schlussendlich 2016 gemeinsam mit der Waldorf-Schule Graz verwirklicht. „Unser Ziel war aber von Beginn an, Jugendliche zu betreuen, die nicht mehr schulpflichtig sind, aber die keinen Schulabschluss haben. Denn das ist eine Risikogruppe, um die sich (zu)wenige kümmern. Zwar hört man immer wieder Beschwerden über diese jungen Menschen – dass sie in Parks oder auf Bahnhöfen herumlungern – aber sie haben ja weder eine Ausbildungs- noch eine Arbeitsmöglichkeit. Das war der Auslöser für unser Projekt“, erklärt Dr. Hermann Becke, Obmann des Vereins SEKEM Österreich.

Besonderes Curriculum und gemeinsames Lernen

Eine weitere Besonderheit der Internationalen Klasse – und auch der Hauptgrund, warum SEKEM mit der Freien Waldorf Schule zusammen arbeitet – ist das Curriculum. Neben den allgemein bildenden Fächern, die die Schüler*innen für den Pflichtschulabschluss benötigen, gibt es im Rahmen der Kooperation ergänzend ein reiches Angebot an künstlerischen und handwerklichen Fächern: Gartenbau, Tischlern, Schmieden, Malen, Sport, etc. In diesen Fächern werden geflüchtete Jugendliche mit gleichaltrigen österreichischen Jugendlichen unterrichtet.

Der Vereinspräsident erklärt die Besonderheiten der Internationalen Klasse |

„Ich bin überzeugt, dass dieser interkulturelle Austausch und die Begegnungen große Leistungen sind, die wir auch weiter erbringen wollen. Es gibt ja so viele Vorurteile von Menschen, die Geflüchtete gar nicht kennen. Und die Medienberichterstattung tut ihr Übriges. Daher halte ich es für besonders wichtig, dass österreichische Schüler*innen ungefilterte Erfahrungen im persönlichen Austausch sammeln können. So erkennen sie, dass die jungen Menschen, die von wo ganz anders kommen, ganz normale Jugendliche sind. Denn in persönlichen Begegnungen zählt nicht, ob jemand aus Afghanistan, Pakistan oder Somalia kommt. Das können die Jugendlichen gemeinsam lernen – und ehrlich gesagt, können das auch wir lernen“, beschreibt Dr. Becke den Beitrag zur Integration, den die Internationale Klasse leistet.

Lieblingsaktivität, vor allem der Schüler, ist Sport. Die jungen Männer haben besondere Freude am Fußballspielen. Beim letzten von der Schule organisierten Hallenturnier im Herbst haben sogar zwei Teams der Internationalen Klasse teilgenommen – weil auch ehemalige Schüler mitspielen durften. „Den engagierten Einsatz sowie die Freude am gemeinsamen Spiel haben wir als Bestätigung unserer Tätigkeit empfunden. Denn speziell junge Menschen, die von vielen Seiten unter Druck stehen, denen auch ständig die Gefahr einer Abschiebung droht, brauchen einfach einen Ort, wo sie Halt bekommen, wo sie sich zu Hause fühlen. Die Schule, die Internationale Klasse ist dieser Ort – dort gehören sie dazu und fühlen sich sicher“, erläutert Dr. Becke die intensive Beziehung, die betreute Jugendliche knüpfen können.

Stolz auf die jungen Schüler*innen

Die Internationale Klasse hat in ihrer nunmehr 4-jährigen Geschichte schon 130 Schüler*innen betreut und unterstützt. Besonders stolz sind die Projektinitiator*innen natürlich auf jene Schützlinge, die den österreichischen Pflichtschulabschluss schaffen. Besonders berührt hat Dr. Becke die Geschichte von Najeb Sohail: „Der junge Mann stammt aus einer einfachen Bauernfamilie der Hazaras – einer Volksgruppe, die in Afghanistan von islamistischen Fundamentalisten besonders verfolgt wird. Er durfte in Afghanistan nur ein Jahr in die Schule gehen und ist auf mühsamen Wegen über Persien, Türkei, Griechenland, Balkan nach Österreich geflüchtet. Hier besuchte er dann 2 Jahre die Internationale Klasse und schaffte danach den Pflichtschulabschluss – eine besondere Leistung!“

Anfangs wurde das beispielgebende Bildungs- und Integrationsprojekt auch von der steirischen Landesregierung begrüßt und unterstützt. 2018 geriet das Projekt aufgrund der politischen Lage unter finanziellen Druck. Daher wandte sich SEKEM Österreich an den Verein Respekt.net und reichte auf unserer Crowdfunding-Plattform ein erstes Projekt ein. Ziel der Crowdfunding-Kampagne war es auch, das Projekt „Internationale Klasse“ insgesamt bekannter zu machen, um so den Spender*innenkreis zu erweitern. Dies hat laut Dr. Becke „erstaunlich gut funktioniert“.

Leider stellt die angespannte Finanzsituation nach wie vor das massivste Problem für die tägliche Arbeit dar: „Wir könnten das Projekt natürlich abbrechen, aber damit ist das Problem ja nicht gelöst. Wir wollen die jungen Menschen nicht im Stich lassen! Wir haben es mit enorm hohem persönlichen Einsatz und zahlreichen Spenden der Zivilgesellschaft im letzten Jahr tatsächlich geschafft, unser Projekt bis zum Schulschluss zu führen. Und wir wollen und werden weitermachen, so lange Bedarf besteht.“

Weiterführende Inormationen zu SEKEM

SEKEM-Österreich ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des SEKEM-Impulses in Ägypten und Österreich. Der Sekem-Impuls will Wüste verwandeln und zu einer gesunden Entwicklung des Wirtschafts-, Kultur- und Soziallebens beitragen. Im Zentrum der Vereinsaktivitäten stehen die Begrünung von „Wüsten“  jeglicher Art, interreligiöser und interkultureller Dialog.
 
Die mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnete ägyptische SEKEM Initiative wurde mit der Vision von nachhaltiger menschlicher Entwicklung gegründet. Ihre Aufgabe ist die Entwicklung des Einzelnen, der Gesellschaft und der Umwelt durch ein ganzheitliches Konzept, welches wirtschaftliches, gesellschaftliches und kulturelles Leben integriert. Vor allem ist SEKEM ein Impuls für die kontinuierliche Entwicklung in allen Lebensbereichen, nicht nur als Modell, sondern auch als Beitrag zur Entwicklung der ganzen Welt.

Website: www.sekem.com

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